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8. Tag: Was wühlt dich denn so auf?

25. Oktober 2015 - Am Weg
8. Tag: Was wühlt dich denn so auf?

[Ferdinand Kaineder] Klimapilgern trifft -1°. Das Dach gegenüber ist ganz weiß. Nicht vom Schnee, sondern vom Reif hier in Waldhausen. Die KlimapilgerInnen kommen aus vier Quartieren zusammen zur lehttp://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_maria_IMG_3974.jpgtzten in Österreich gebauten gotischen Kirche. Tagesgäste sind wieder dabei, gesellen sich im Laufe des Weges noch dazu. Unseren Aufbruch gestaltet Anja im Freien, in der Sonne, die uns wärmt. Sie taut die Natur, die Gegend auf. Maria gibt ihre Gedanken in den Rucksack. Pia ist wieder gekommen. Bad Kreuzen ist unser Tagesziel. Güterwege und Wanderwege, vor allem der Donausteig, führen uns „hinüber“. Wunderbare Herbstfarben lassen die Seelen tief atmen. Auf meinem T-Shirt steht: Geht doch! Eben: Geht doch.

Gehen für Klimagerechtigkeit in Steyr und bei Flüchtlingen

Wir wissen, dass heute auch in Steyr eine Gruppe das Thema Klimagerechtigkeit behandelt, behttp://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_asyl_IMG_4002.jpggeht. Das Programm ist ambitioniert. Sie werden uns morgen in der Begegnung in der Pfarre Sindelburg treffen. Dort werden wir ihre Themen und Vorschläge für den Rucksack der Alternativen übernehmen. Es ist berührend, wie auch via Email Kontakt mit uns aufgenommen wird. Wir sind bereits vier Stunden unterwegs, eher gemütlich, einem Bach entlang, mit einem kurzen Aufstieg. Wir stehen vor einer Häusergruppe. Viele Kinder, Frauen mit Kopftuch und Männer sitzen in der Sonne, spielen mit Bällen und vertreiben sich die Zeit. Wir sind bewusst da aus Solidarität den Menschen gegenüber, die die Folgen von Klimaveränderung und „reiner Geld- und Macht-Ökonomie“ am eigenen Leib erleben. Sie mussten flüchten und warten nun auf einen Bescheid. Wir kommen mit Männer und einhttp://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_asyl_IMG_4006.jpg paar von uns mit Frauen kurz ins Gespräch. Ich gehe in die Lagerleitung und frage, ob wir uns hier aufhalten, die Leute besuchen dürfen. Das ist nicht gestattet. Nur mit einem „Ziel-Besuch“ (also eine konkrete Person) ist es möglich. Ich verstehe es, weil wir ja wirklich fremd sind. Nachher kommen noch eine Frau und ein Mann und nehmen unsere Solidarität wohlwollend und wertschätzend entgegen. Wir machen das Foto und gehen sehr nachdenklich in unser Tagesquartier zu den Marienschwestern in das Kurhaus.

Wir gehen zu den Wurzeln

http://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_tem_IMG_4009.jpgDie geistliche Leiterin des Hauses Sr. Christiane Reichl kommt uns schon am Eingang entgegen. Wir werden warmherzig aufgenommen. Die Zimmer wunderbar. Für KlimapilgerInnen am 8. Tag ein riesiges Geschenk. Um 16.30 Uhr treffen wir zum Gespräch mit Sr. Christiane zusammen. Wenn ich alles hier niederschreiben würde, was sie an Lebensweise, Lebenssicht, Pioniergeist erzählt hat, würde es auch beim Lesen eine Stunde dauern. Ich beschränke mich. TEM packen wir in den Rucksack. „Nicht, weil es alt ist, ist es gut, sondern weil es gut ist, ist es alt.“ Traditionell-Europäische-Medizin ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Was vor der Haustüre wächst, ist http://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_srchristiane_IMG_4030.jpgunser Heilmittel. 35 MitarbeiterInnen aus der Region sind unser Schatz. Die Milch kommt direkt vom Nachbarbauern. 2006 haben sie sich gefragt: „Was machen wir mit dem verstaubten Kneippen?“ „Wir gehen zurück zu den alten Wurzeln der Medizin. Chemie hat so viele Nebenwirkungen, hilft nicht mehr. Wir wollen ins Einfache gehen. Aber im Heute. Und den ganzen Menschen sehen.“ Sr. Christiane weiß, dass wir heute so viele „Zeitkrankheiten“ haben. Dauerlärm, keine Nachtruhe, Dauerstress, Geschwindigkeit führen zur Erschöpfung. „Die letzte Zeit zeigt uns: Je jünger der Mensch kommt, umso kranker ist er.“ Kräuter, Aderlass, Augen- und Zungediagnose, Harnschauen, Räuchern mit Kräutern und die Temperamente-Lehr werden angewandt.

Ganz zu mir heimkommen

http://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_s%C3%A4ulen_IMG_4031.jpgGute Ärztinnen und Ärzte gehen mit ihnen diesen „innovativen und doch alten bewährten Weg“. Christliche Spiritualität in einem geöffneten Sinne ist ihnen ein Herzensanliegen: „So hat dich Gott gedacht. Komm zur Ruhe. Geh in die Stille. Komm ganz zu dir heim.“ Es geht darum, wieder in den ganz normalen Rhythmus zu kommen. Regelmäßig essen, schlafen, bewegen, arbeiten. Viele kommen zum Gespräch zu Sr. Christiane und immer wieder liegt die tiefe Frage zugrunde: Was wühlt dich denn so auf? 8-9 Tage bleiben die Leute jetzt gerne. Wieder länger als in den letzten Jahren. Es braucht Zeit, zu sich zu kommen, ganz und heil zu werden. Wenn sie drei Worte zur Beschreibung http://www.kaineder.at/wordpress/wp-content/uploads/2015/10/8_wege_IMG_3978.jpgverwenden würde? „Ruhig, ganzheitlich, Natur.“ Wir gehen zum Abendessen und erleben viele Gäste, die hier durchatmen. Ich darf vor allen unser Klimapilgern kurz erläutern. Applaus. Am Abend kommen Menschen her und wollen reden. Viel Ermutigung spüren wir in diesem Haus, das Nachhaltigkeit, Naturverbundenheit und Einfachheit als Therapie für den Menschen von heute anbietet. Ich werde wieder kommen.

Text und Bild: www.kaineder.at