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17. Tag: Ihr geht die Universität des Lebens

3. November 2015 - Am Weg
17. Tag: Ihr geht die Universität des Lebens

[Ferdinand Kaineder] Klimapilgern wird bischöflich. Bischof Andrej von der Serbisch-Orthodoxen Kirche in Österreich, Schweiz, Italien und Malta kommt mir im Hof des Stiftes Lambach entgegen. Gestern hat er mich abends angerufen: „Ich möchte morgen einen Tag lang als Klimapilger mitgehen.“ Hier ist er. Um 9 Uhr machen wir einen Kreis. Wir sind etwa 15 KlimapilgerInnen. Darunter heute neben Bischof Andrej auch die kfb-Vorsitzende von OÖ Erika Kirchweger und der neue Generalsekretär der Superiorenkonferenz P. Franz Helm geht den dritten Tag mit. Bischof Andrej gibt den Impuls: Wir leben in der Schöpfung. Danke für diese Aktion, die so deutlich zum Ausdruck bringt, dass wir Menschen Gast auf Erden sind. Der Verzicht ist für Orthodoxe ein zentrales Element ihren christlichen Lebens. „Wenn wir alle Fasttage (jeden Mittwoch und Freitag, Fastenzeit, Advent, Apostelfest,…) zusammenzählen, dann fasten wir mehr als die Hälfte der Tage im Jahr. Der Humor darf auch nicht fehlen. Wir starten mit einem Lied und gehen hinüber zur MIVA, wo uns ein biofaires Frühstück erwartet.

Schöpfungszeit in den Rucksack der Alternativen
Während wir das Frühstück einnehmen, werden wir über die Zusammenhänge des biologischen Landbaues hier in Österreich und international eingeführt. „Kaufen sie Bioprodukte und wenn möglich aus der Nähe, regional. Kommt es von weiter her, dann achten sie auf Fairtrade.“ Ich atme tief durch, trinke den fair gehandelten Kaffee und denke mir: „Was wäre, wenn das 80% der Bevölkerung täten.“ Der Mensch ist, was er isst. Zu viel „Billigschrott“ futtert er oder sie hinein. „Grosser Wert – kleiner Preis“ gibt es nicht. Die Handelskette ist bankrott. Lieber weniger und dafür wertiger. Immer wieder begegnet mir das Argument, dass sich ärmere Menschen nur Billigprodukte leisten können. Ich sage nur: Man braucht wesentlich mehr billiges Zeugs, damit der Mensch satt wird. Bischof Andrej gibt uns in den Rucksack die „Schöpfungszeit“ hinein.
Von 1. Sept bis 4. Okt sollten wir als Christen – ich sage das mit meinen Worten – „schöpfungsaffin und schöpfungskompatibel leben“. Ein wunderbarer Vorschlag, die Zeit nach dem „Welterschöpfungstag“ am 1. September mit einem „Wahrnehmungs- und Achtsamkeitsmonat der Natur und Mitwelt gegenüber zu füllen“. Erika Kirchweger packt uns den Kaffee ADELANTE – Kaffee aus Frauenhand in den Rucksack. Adelante bedeutet vorwärts und wird von einer Kooperative von 70 Bäuerinnen in Honduras biologisch angebaut und selbst vermarktet. Sie bebauen ihr eigenes Land, erzielen ihr eigenes Einkommen und helfen gleichzeitig der Umwelt. Ich schmecke den Kaffee, die Natur, die besondere Zeit. Wir sind entlang der Ager und Vöckla unterwegs. Eine Farbenpracht. Anja nimmt Erde aus OÖ auf.
Bischof Andrej neben mir: „Man muss gar nicht fortfahren. Es ist so wunderschön hier.“ Nach fünf Stunden verlassen uns die Tagespilger, weil sie in den Zug steigen nach Linz, Wien oder nach Hause fahren. Die letzten Kilometer in der Abendsonne nach Vöcklabruck hinüber in das Mutterhaus der Franziskanerinnen gehen wir als Kerngruppe zusammen mit Sepp und der Pilgerbegleiterin Gabriele. Sr. Stefana vom Geistlichen Zentrum erwartet uns schon. Die Generaloberin Sr. Angelika kommt zur Begrüßung extra herunter. Wir sind da. Danke für die Lotsendienste. Es ist einfach schön, „sich geführt in den Weg fallen zu lassen“.

The university of ökonomics
Nochmals in Gedanken zurück nach Schwanenstadt, das wir rechts liegen gelassen haben. Und doch denken wir an den großen Sohn dieses Ortes Heini Staudinger. Rembert ruft ihn an. Ein Wunder: Er hebt ab. Heini hat ein Statement zu unserem Pilgerweg geschrieben. Wir unterhalten uns über seine Geburtsstadt. In Vorträgen sagt er immer, dass er in Schwanenstadt „the university of ökonomics“ besucht hat. Die Greißlerei seiner Eltern. Dort hat er Kopfrechnen und das Grüßen gelernt. Rembert scherzt weiter. Heini meint dann sinngemäß, dass wir „die Universität des Lebens gehen“. Bei diesem Gehen lernen wir leben, mit und in der Natur, mit weniger auskommen, in guten nährenden Gesprächen verwoben, mit einem schönen Ziel. Auch Bischof Andrej betont, dass er sehr dankbar ist, dass er hier mitgehen darf und „mitlernt in diesem Gehen“. Abends sind wir wieder Gast bei der Klimabündnis-Veranstaltung im Kulturhaus in Vöcklabruck. Auch hier treffe ich wieder einige Pioniere und „Treiber für die Umwelt“ im positiven Sinn. Hans Übleis, Stefan Hindinger oder Peter Reisenberger. Mein Husten sagt mir aber, dass ich bald ins Bett gehen soll. Schlaf heilt. Und morgen werden wir ab 7.40 Uhr im Gymnasium mit SchülerInnen reden. Das Bett habe ich schon probiert. Es liegt sich gut.

Text und Bilder: www.kaineder.at